Vor einiger Zeit war ich auf der Suche nach einem Namen für unser Storytelling Festival, das ja mittlerweile Wunderland heißt. Ziemlich erstaunt stellte ich fest, dass es keine eindeutige Symbolfigur für GeschichtenerzählerInnen gibt.
Im Juni 2013 war das, und als ich auf Facebook und Twitter um Input bat, fielen den Leuten sehr viele Figuren und Gestalten aus den unterschiedlichsten Kulturkreisen ein, als da wären:
Scheherezade, Kalliope, Äsop, Jesus, Münchhausen, Dionysos, Koyote, Odysseus, La Fontaine, Saga, Erato, Decamarone, Fabula, Mercurius/Hermes, Ogmios, Nabu, Barden, Schamanen, Troubadoure, Minnesänger, Hofnarren, Großmutter, Lagerfeuer, …
Und dann kam Petra an den Schreibtisch und postete das hier:
Die Kelten haben’s natürlich extrem mit dem Geschichtenerzählen […]
Die Trinität Ogma (=Ogma, Dagda, Lug) soll das Ogam-Alphabet erfunden haben, wobei Dagda mit den Barden / fili zu tun hat, Ogma selbst trägt auch den Beinamen Cermait, Honigzunge, als Gott der Sprache und Dichtung und ist die irische Entsprechung zum gallischen Ogmios.
Ganz spannend eine der Gelehrtenklassen der Druiden, die „fili“, die nicht nur Wissen, sondern auch Gedichte, Erzählungen etc. auswendig lernen mussten und vortragen … also so eine Art heiliger Geschichtenerzähler waren (die Barden trugen nur Gedichte zu Musik vor). Fili wachten auch über die Moral, in dem sie lenkend Benimmreden, Lobgedichte oder Satiren (Achtung; verwünschungssprüche, nicht in unserem Wortsinn) vortrugen.
Die Schutzgöttin der Fili war Brigit, die später als heilige Brigid in die Kirche übernommen wurde.
Filidecht nennt man das Gebiet von Dichtung, Erzählen, Erkenntnis, traditionellen Lernen und Prophetie.
Dichter galten als Mittler zwischen Anderswelt und Realität, die Fili bedienten sich deshalb auch schamanischer Techniken und unterschiedlicher Riten. Dichtung wie Erzählgut galten als göttlich inspiriert und dienten nicht nur zur Unterhaltung, sondern heilend, indem sie spirituelle Kräfte auf die Zuhörer übertrugen. Man glaubte, aufmerksames Zuhören versehe einen mit Wohlstand, Gesundheit und gesunden Kindern (hach, was für Zeiten!).
[…] Petra van Cronenburg (auch auf Facebook)
Sie empfahl mir außerdem noch ein Lexikon der keltischen Mythologie, das ich mir tatsächlich gekauft habe, nur um festzustellen, dass ich viel zu wenig über die keltische Sagenwelt weiß, um dort gezielt nachschlagen zu können. Oder auch über die nordischen Götter. Ich kenne zwar Prinz Eisenherz (eins meiner ersten aus der Bücherei ausgeliehenen Comics), Wagners Ring, das Nibelungenlied und lese gerade Neil Gaimans „Sandman“, die Edda habe ich aber nie gelesen.
Das möchte ich 2014 ändern! Es gibt nämlich so ein paar Bücher und Motive in Geschichten, die tauchen immer wieder auf. Alice im Wunderland ist so ein Buch, die griechischen Sagen sind solche Geschichten, die immer wieder als Bezugspunkt, als Inspirationsquelle und Sprungbrett für andere Bücher (Filme, Spiele, usw.) dienen. Auch Märchen gehören dazu, jedes Kind kann den Kern der meisten dieser Geschichten vervollständigen, als würden sie aus C.G. Jungs kollektivem Unterbewusstsein, grenzen- und kulturenübergreifend, gespeist.
Märchen habe ich die letzten zwei-drei Jahre fürs wilde Dutzend gelesen, aber wie sieht es mit Sagen aus? Oder den ganzen nordischen Mythen – da kenn ich mich bloß noch halb so gut aus wie in der griechischen Antike. Und daher wird das mein Projekt 2014:
Die Edda und andere keltische Geschichten lesen, und dann aber auch über den europäischen Tellerrand hinausschauen, nach Südamerika, Afrika, Asien,….
Und wenn ich Bezugspunkte zu anderen Büchern finde gibts kleine oder größere Umwege. Ich freu mich jedenfalls über Lesetipps und natürlich über Feedback! Starten werde ich mit Karl Simrock: Die Edda.
Foto: Stonehenge von flickr-User -Reji, CC BY SA NC 2.0