Stephen King, ein Pionier im Bereich des digitalen Publizierens, machte vor kurzem Schlagzeilen, als er bekannt gab, dass sein neues Buch vorerst nur als Druckversion erscheinen würde.

Stephen Kings E-Book Experimente

2000 war er der erste Bestseller-Autor, der mit seinem Verleger Simon&Schuster ein Buch, nämlich „Riding the Bullet“ als E-Book only veröffentlichte. Für 2,50$ war es damals bei Softlock zu haben und wurde in den ersten 24 Stunden mehr als 400.000 Mal runtergeladen. Allerdings gab es wegen des großen Ansturms technische Probleme, Hacker knackten schließlich die Softlock-Verschlüsselung und Amazon sowie Barnes&Nobles boten den Download kostenlos an.

Danach experimentierte King als Self-Publisher und veröffentlichte die Fortsetzungsgeschichte „The Plant“, die er in den 80er Jahren anstelle von Weihnachtskarten an Freunde verschickt hatte (etwas makaber, da es darin um einen Verleger geht, der ein Manuskript zugeschickt bekommt, ablehnt und dem Autor wegen äußerst real aussehender, verstörender Fotos die Polizei vorbeischickt. Als nächstes schickt ihm der Autor eine Pflanze zu…) direkt auf seiner Webseite unverschlüsselt. King setzte darauf, dass die Leute freiwillig 1 Dollar pro Folge zahlen würden, drohte aber an, das Projekt zu beenden, wenn weniger als 75% der Downloads bezahlt würden.

The US author received a total of $721,448 from readers, who voluntarily paid their dollar for the first three instalments, and $2 for the last three. After expenses, such as advertising and site maintenance, King said he made a grand profit of $463,832. While the publishers made nothing. He suspended the project in December after six chapters. Despite sales wilting for later sections of the book (120,000 eager surfers paid to download the first instalment, but only 40,000 downloaded the fifth, with many not paying), King vows to return to the book. (TheRegister)

Allerdings wartet „The Plant“ immer noch auf sein Ende; die ersten sechs Teile gibt es mittlerweile kostenlos auf Kings Webseite. Mussten Fans im Jahr 2000 also digital lesen und 2009 auf dem kindle, um seine exklusiv für den Launch des zweiten Kindles geschriebene Novelle „Ur“ zu erhalten, will er sie jetzt zurück (von amazon) zum gedruckten Buch bringen.

Zwang zum Kauf der Druckversion?

Kings ehemaliger Verlag, Simon&Schuster, setzte 2011 bei der Steve Jobs-Biografie auf die Taktik, das E-Book erst zwei Wochen nach Verkaufsstart der gedruckten Version zu veröffentlichen. ( vgl. dazu auch Todd Sattersten, medium

Während man bei der Steve Jobs-Biografie davon ausgehen kann, dass der Verlag sicher gehen wollte, dass die Printausgabe auch gekauft wird und alle Apple-Fanboys- und Girls, die nicht warten können, dann doch ein gedrucktes Buch kaufen, ist es bei „Joyland“ der Autor, der keine digitale Version möchte. 

“I have no plans for a digital version,” King said.“ (zit.nach  nydailynews)

E-Book Verkäufe und Leseverhalten

Stephen King gab seine Entscheidung passenderweise bekannt, kurz nachdem zwei Studien interessante Zahlen veröffentlichten. Die erste betrifft das Leseverhalten von Kindern und Jugendlichen in Großbritannien und kommt zum Ergebnis, dass der Nachwuchs bereits jetzt lieber auf Bildschirmen liest. Eine britische Studie von NLT mit knapp 35.000 befragten Teilnehmern im Alter zwischen 8 und 16 ergab folgendes Bild:

39% of children and young people read on electronic devices every day, whereas only 28% read printed materials daily. The number of children reading e-books has doubled in the last two years from 6% to 12%. Children surveyed also showed a preference to reading on a screen: 52% said they would rather read on electronic devices

Mädchen lesen dabei öfters auch noch gedruckte Bücher (68% verglichen mit 54% der Jungen).

Zu diesen Ergebnissen passen die Verkaufszahlen von E-Books versus Printbüchern auf dem amerikanischen Markt. Der Buchmarkt wuchs dort insgesamt etwas, die Zunahme bei den E-Book Verkäufen ging also nicht auf Kosten des gedruckten Buchs. Am meisten legten im E-Book-Bereich Kinderbücher und Young Adult Fiction zu, hier stiegen die Verkäufe um 117% auf 469 Millionen Umsatz.

Between 2011 and 2012, e-book sales in the U.S. increased 44.2%, according to a preliminary year-end report released Wednesday by Bookstats, a joint statistics project between the Association of American Publishers and the Book Industry Study Group. However, this increase in e-book sales does not seem to have caused a decrease in print sales. (Quelle)
Das heißt jedoch nicht, dass diese im Kinder- und Jugendbereich mehr verkauften E-Books auch gelesen werden, klar. Wie die britische Studie zeigt, ist das Problem der Zukunft vermutlich eher ein nachlassendes Interesse am Lesen an sich, denn wer nur noch digital liest – und diese Gruppe wächst – liest weniger gern und insgesamt weniger:
The research also found that those who read daily on screen are almost twice less likely to be above-average readers than those who read regularly in print (or in print and on screen): 15.5% compared to 26%. Those who read only on screen are also three times less likely to enjoy reading (12% compared to 51%), and a third less likely to have a favourite book—just 59% of children surveyed who read on screen had one, compared to 77% of kids who prefer to read print books. (thebookseller.com)
Bislang wirken sich diese Ergebnisse aber noch nicht negativ auf den Markt aus. E-Book Verkäufe stehen in Amerika nach Hardcovern und Taschenbüchern immer noch an dritter Stelle in Bezug auf die Umsätze, allerdings verzeichnet der stationäre Buchhandel (das englische brick-and-mortar bookstore klingt irgendwie hübscher und nicht so klinisch, aber das nur am Rande) einen Umsatzrückgang von 7%. Und genau so begründet King seine Entscheidung, „Joyland“ nur als gedrucktes Buch zu veröffentlichen:
“let people stir their sticks and go to an actual bookstore rather than a digital one.” (zit. nach nydailynews)
Er möchte, dass die Leute in den nächsten Buchladen gehen, um sein neues Werk dort zu erstehen. Hoffentlich ist das nicht Wunschdenken oder ist King hier einfach nur scheinheilig oder zumindest naiv? Das Wohl der Buchhändler hin oder her, die Verkäufe durch amazon kann sich der Verlag jedenfalls nicht entgehen lassen. Auf amazon.com ist Joyland (VÖ 4.Juni2013) aktuell (25.Mai 2013) bereits auf Platz 4 der Bestsellerliste, seit 46 Tagen in den Top 100 und gerade auch noch zum Kampfpreis zu haben…

Foto: Stephen King Collection by flickr user Tojosan CC BY NC SA 2.0